Harzer Köche setzten sich für einwandfreie Küchenrohstoffe ein

CLAUSTHAL-ZELLERFELD (his). Die Lust am Fleisch wollen sich die Harzer Köche von einer "profitorientierten Pharmaindustrie" nicht nehmen lassen. Die derzeit rund 120 Mitglieder starke "Vereinigung der Harzer Köche" hat in der Vergangenheit keine Gelegenheit ausgelassen, vehement gegen die Verwendung von Antibiotika in der Tiermast zu wettern. Ihr jüngster Vorstoß gegen "Avoparcin" (Hersteller: Hoffmann-La Roche), dessen Verwendung in Deutschland bereits verboten und im Zuge europäischer Einheitlichkeitsbestrebungen kurzfristig wieder zugelassen worden war, hatte jetzt Erfolg: Die Europäische Kommission hat die Verwendung des Mittels als Leistungsförderer bei der Tiermast verboten. (Siehe auch hier.)

Die Rebellen im Harz wissen natürlich, daß es nicht ihrer Initiative allein zu verdanken ist, wenn das Mittel nunmehr in Europa sozusagen auf dem Index steht. Gleichwohl haben sie sich aller ihnen zur Verfügung stehenden Mittel bedient, zumindest öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen. Von diesem Ziel konnten sie auch die für die Region zuständige Abgeordnete des Europa-Parlaments, Rosemarie Wemheuer (SPD), überzeugen. Sie hat in den letzten Monaten die zuständigen Gremien in Brüssel "zusätzlich genervt", wie sie im Gespräch mit dieser Zeitung sagte.

Jörg Schlamelcher, Küchenmeister in einer Klinik-Großküche in Clausthal-Zellerfeld und Vorsitzender der Harzer Köchevereinigung, die in Niedersachsen und im Nachbarland Sachsen-Anhalt aktiv ist, sieht in dem Vorstoß aus dem Harz einen Beitrag zum "aktiven Verbraucherschutz". Das ist einen elementare Aufgabe auch von uns Köchen, meinte Schlamelcher, der sich im übrigen dafür einsetzt, daß auch die Fleischer der Region und die Verbraucherschutzorganisation ihre Möglichkeiten nutzen, Aufklärung zu betreiben, Transparenz herzustellen und schließlich Druck zu machen auf die Hersteller und Verwender derartiger Mastbeschleuniger. Schlamelchers Stellvertreter im Vorstand der Köchevereinigung, Harzer Köche: Saubere Küchenrohstoffe ist unser Thema, seit es uns gibt, Und ohne öffentlichen Druck läuft da gar nichts," Peters ist gelernter Fleischer und gibt seine Auffassung von sauberen Rohstoffen inzwischen an die nachwachsende Köchegeneration weiter.

Der heilige Zorn der Harzer Köche, der inzwischen in der Region und darüber hinaus für Furore sorgte, hat einen ernsten Hintergrund. Avoparcin ist in der Zusammensetzung verwandt mit dem in der Humanmedizin als Reserve-Antibiotikum in Notfällen eingesetzten Vancomycin. Experten argwöhnen, daß eine dauernde Verabreichung von Avoparcin per Futtermittel antibiotikaresistente Bakterien provoziere, die über das Fleisch in die Nahrungskette und damit in den Menschen gelangen können. Eine auf diese Weise beim Menschen hervorgerufene Infektion könnte unter Umständen dann selbst mit dem Reserve-Antibiotikum nicht mehr erfolgreich behandelt werden.

"Wir haben uns schon vor zehn Jahren entschieden gegen die Beimischung von solchen Mitteln beim Tierfutter ausgesprochen", wettert Peters, "den Erfolg sehen Sie ja." Auch jetzt hatten sich die Harzer die Unterstützung des Verbandes der Köche Deutschlands sichern wollen und dessen Präsidenten, Siegfried Schaber, informiert. Der ließ erklären er werde tun, was sein Verband vermöge."Aber was er nun getan hat, das wissen wir bis heute nicht", sagt Schlamelcher.

Erfolgreicher war man bei der SPD-Europapolitikerin Wemheuer, die allerdings realistisch genug ist zuzugeben, daß es auch nach dem Verbot der Mittels "keine hundertprozentige Sicherheit" gebe. Immerhin aber sei durch das Verbot die moralische Hemmschwelle des Einsatzes nach oben gerückt worden. "Und außerdem: Wenn ein solches Einsatzverbot überhaupt Erfolg haben soll, dann wirklich nur EU-weit, Alleingänge haben da gar keinen Sinn".

Die Politikerin sieht die ganze Angelegenheit im übrigen pragmatisch: "Gut: Die Leute wollen, daß wir dieses verbieten und jenes. Daß das aber auch Auswirkungen auf Produktion und Preisgestaltung hat, wird vielfach übersehen." Von Umfragen, die beweisen sollen, daß die Verbraucher für "saubere" Rohstoffe auch tiefer in die Tasche zu greifen bereit sind, hält sie nicht viel. "Was edle Menschen so in edlen Umfragen schon sagen! Am Sonnabend gucken sie dann doch in die Sonderangebote."

Und was sagt der Fleischer und Köchelehrer Peters? "Die Verbraucher sollten ihre Marktmacht ausnutzen, um die Qualität unserer Rohstoffe zu erhalten."

Uwe Wedler in Allgemeine Hotel- und Gaststättenzeitung Nr. 9/1. März 1997


Stand: 12.03.1997
Zurück zur Homepage der Harzer Köche


Bitte schicken Sie Fragen, Fehlermeldungen, Anregungen usw. an: Harzer Köche